Delay – Mediengeschichten der Verzögerung

Dissertationsprojekt Christoph Borbach

Die Laufzeit (delay time / kurz delay) von Impulsen und Signalen kann als flüchtiger Akteur einer Mediengeschichte nach eigenem Recht verstanden werden. Das Projekt widmet sich einer archäologischen Untersuchung der technischen Medien Echolot, Sonar, Sonographie und Radar mit einer historischen Rahmung von 1850 bis 1950. Der Fokus liegt auf der Frühphase, Epistemologie und Theorie eben jener Medien, die Laufzeiten (Delay) nicht als vermeintliches Übel jeder Übertragung konstituieren, sondern umgekehrt, Räume und Körper nicht im Sinne Paul Virilios oder Marshall McLuhans zum Verschwinden brachten, sondern Welten und Menschen, Meere und Körper als Sensormedien massiv verdaten und damit eine spezifische Form der Sichtbarkeit durch Visualisierungstechniken begründen. Gerade das von der Medienkulturwissenschaft in der Forschung bisher meist vernachlässigte Medium Radar erweist sich dabei als konstitutiv für unsere aktuelle digitale Kultur, insofern es Infrastrukturen der Daten-Echtzeitverarbeitung, eine „systems philosophy“, moderne Mensch-Maschine-Schnittstellen wie graphical user interfaces begründete und irreduzibel mit der Genese des Digitalcomputers verwoben ist und sich – so eine These der Arbeit – das Digitale, wie wir es kennen, als Effekt von Radartechnologie erweist. Verzögerung als das Laufzeitverhalten der Akustik im Raum, wie es zunächst in der empirisch ausgerichteten Theaterarchitekturtheorie um 1800 weit diskutiert worden war, ist so irreduzibel an unserer postdigitalen Lage beteiligt.